Montag, 21. März 2011

Ein viereckiges Rad

Ich bin Leser. Seit meinem 5. Lebensjahr. Begonnen hat's mit Hugh Lofting und Erich Kästner; mein Vater hat die gedruckt, bei Büxenstein in der Dudenstraße und mir jeweils ein Exemplar mitgebracht. Seit der Zeit liebe ich Bücher. Fast mehr, als ich auch Musik auf LPs liebte. Drum weiß ich wovon ich rede:

Das wird nix, mit diesem neuen elektronischen Spielzeug, E-Book. Ein paar Leute, die alles Neue kaufen, werden sich's zulegen und sichtbar ins Regal stellen oder stolz damit rum laufen. Eine kurze Zeit. Sollen sie.
In U- und S-Bahn wird man weiterhin Leute sehen, die das viel PRAKTISCHERE BUCH in der Hand halten und lesen, und kein "Book", ob "E-" oder sonstwas. Wahrscheinlich sogar all die Jack Wolfskins.
Und zu Hause auf der Couch oder im Bett - will man da dieses Plastik- oder Leichtmetall-Teil, das nach ein, zwei Jahren veraltet ist? gar kaputt ist? ...oder bei dem die Rechte an den gekauften Texte nach einiger Zeit ablaufen?

Einwurf eines gemäßigten E-Book-Fans: "Zur Zeit lese ich damit hauptsächlich freie Bücher, die ich mir damit über Gutenberg runterlade."
Ha! - Das kann ich doch sowieso, ohne dieses teure Zusatzteil: entweder direkt am Monitor, oder eben: runterladen und dann später auf'm Monitor lesen. Wozu einen zweiten (auch noch kleineren) Monitor? Man kann's auch ausdrucken, für den, der gerne Papier rascheln hört; was bei kürzeren Texten, bis 20, 30 Seiten, gar nicht so schlecht ist: einige alte, nicht erhältliche Wodehouse-Kurzgeschichten bekam ich auf diese Weise auf meinen Nachttisch.
Außerdem gibt's "freie" Bücher - also Klassiker - in zig verschiedenen Ausgaben & meist für'n Appel und'n Ei in jeder Buchhandlung. Passt in die Manteltasche, geht nicht kaputt wenn's runterfällt, braucht keinen Strom, hält 100 bis 300 Jahre, man kann Eselsohren reinmachen, man kann's signieren, seinen Namen reinschreiben und man kann's auch verleihen.
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Und: Man soll mal versuchen, das E-Book als Unterlage für 'nen wackelnden Tisch zu benutzen.

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Und heute, zwei Monate nachdem ich das hier oben schrieb, les' ich in der FAZ die Bestätigung:
"Mister Einprozent: Auf hundert gedruckte Bücher wird in Deutschland bestenfalls ein einziges E-Book verkauft. Das neue Lese-Medium führt also ein Nischendasein ...". Na bitte!

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Ums Buch ist mir nicht bange

Ums Buch ist mir nicht bange,
das Buch hält sich noch lange.

Man kann es bei sich tragen
und überall aufschlagen.

Sofort und ohne Warten
kann dann das Lesen starten.

Im Sitzen, Liegen Knien
ganz ohne Batterien.

Beim Fliegen, Fahren, Gehen,
ein Buch bleibt niemals stehen.

Beim Essen, Kochen, Würzen,
ein Buch kann nicht abstürzen.

Die meisten anderen Medien
tun sich von selbst erledigen.

Kaum sind sie eingeschaltet,
heißt’s schon, sie sind veraltet

und nicht mehr kompatibel.
Marsch! In den Abfallkübel.

Zu Bändern, Filmen, Platten,
die wir einst gerne hatten

und die nur noch ein Dreck sind,
weil die Geräte weg sind

und niemals wiederkehren,
gibt’s nichts zu sehen und hören.

Es sei denn, man ist klüger
und hält sich gleich an Bücher,

die noch in hundert Jahren
das sind, was sie stets waren.

Schön lesbar und beguckbar
stehn sie da, unverruckbar

In Schränken und Regalen,
und die Benutzer strahlen.

Ham die sich gut gehalten,
das Buch wird nicht veralten.
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(Robert Gernhardt)
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99.5 zu 0.5
Die FAZ am 9. Juli 2011 gibt zu:
"Seit Jahren vorhergesagt, spielt [das E-Book] in Deutschland bisher keine Rolle. Es macht 0,5 Prozent des Branchenumsatzes aus."
Der Pressehype war also umsonst. Und nun warten wir noch Frauenfußball ab, ob der Hype da klappt?

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"Ein paar Leute, die alles Neue kaufen, werden sich's zulegen"
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Ich muss zugeben, ich hab' mich getäuscht. Das e-book hat inzwischen 'gesiegt'. Sogar Julia, die keineswegs allem Neuen nachrennt, hat so ein Lesegerät und nutzt es (fast) ausschließlich - anstatt zu den papiernen Büchern zu greifen. Wieso die allerdings alle noch - ungenutzt - hier in den Regalen stehen und meinen - immer noch benutzten - Büchern den Platz streitig machen... ach, versteh' einer die Weiber :-)

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