Freitag, 29. Oktober 2010

Hinweis

Diesen Hinweis hätte ich ja fast vergessen.
Es geht um eins meiner Lieblingsthemen, um vermeintlich "seriöse moderne" Musik. Ihr wisst schon, Stockhausen & Co.
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In der Biographie "Die Schulze-Geschichte" schreib ich auf den Seiten 24-25 über das gleiche Thema; hier ein Ausschnitt:
Es gibt auch eine seriöse zeitgenössische Musik, die sogenannte "E-Musik", mit großem "E" wie "Ernst". Die nun hat so gut wie keine Hörer: deren Komponisten hassen offensichtlich das Publikum und vermeiden deshalb jede Ähnlichkeit mit angenehmer, genießbarer, ja: unterhaltsamer Musik. Diese meist halb-staatlich unterstützte "moderne", "zeitgenössische", "seriöse" Musik hat so gut wie kein Publikum (John Lennon meinte dazu: "Avantgarde is another word for bullshit"); sie existiert nur in einigen bürgerlichen Feuilletons und im Nachtprogramm einiger "offizieller" Radiosender. Diese (E/U-) Trennung dient oft nur der Absicherung überkommener Besitzstände und Prestigevorteile (der E-Leute). Ab und zu gibt's ‘ne Uraufführung solcher neuen Komposition (in Donaueschingen oder Darmstadt) und das ist dann regelmäßig auch das einzige öffentliche Erscheinen, danach hört man nie wieder von dem Titel. Als Kompensation für das totale Desinteresse bei den Hörern (vulgo: Erfolglosigkeit), wird solch' studierte, konstruierte, angeblich "moderne" Musik unterstützt: von Steuergeldern,...

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Die Diskussion hatten wir woanders ja schon einmal. Die strikte Trennung von U/E zum Zweck der sozialen und kulturellen Distinktion ist natürlich abzulehnen. Selbst wenn Abgrenzung dann in anderen Bereichen gesucht wird. Bei der Bemessung von Qualität und Daseinsberechtigung Zuschauer- und Absatzzahlen als Maßstab heranzuziehen, muß man sich allerdings der Konsequenzen bewußt sein: Dieter Bohlen steht dann mit vollem Recht gleichberechtigt neben Klaus Schulze, Marianne & Marianne neben Clara Schumann. Ich sehe Steuergelder lieber in Donaueschingen und an Musikseminaren "verschwendet" als im Trash-TV der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, zumal die Beträge sich vergleichsweise bescheiden ausnehmen.

Wer Publikumserfolg mit seiner Kunst hat, sollte sich darüber freuen, aber nicht nach unten treten.

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Huch? Ich dachte, ich trete eher nach "oben".
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Extremes à la hier Schumann, dort Bohlen ist mir zu schlicht und hilft nicht weiter.
Ich empfehle nochmal den Don Alphonso-Artikel. Der bringt in diesen - zugegeben: jahrzehntealten - Konflikt etwas Leben.
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Hatte ich bereits bemerkt, wann & von wem diese deutsche U/E-Trennung eingeführt wurde? Dreimal dürfen Sie raten...

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Extreme à la hier Schumann, dort Bohlen ist mir zu schlicht und hilft nicht weiter. Nicht wesentlich schlichter als das Argument von DA. Man muß die Gedanken eben zu ihrem radikalen Ende denken. Am Ende der Demokratisierung steht halt auch, dass die Stimme der größten Deppen theoretisch gleich viel zählt, wie Ihre.

Nach unten/oben treten. Sie denken an die glücklichen 5%, die ins Rampenlicht geschubst werden, ich an die 95%, die sich irgendwie über Wasser halten. Sie tun es vielleicht unbeabsichtigt und unbewußt, aber ich schätze das ökonomische Ausschlußkriterium ebenso wenig wie das bildungsbürgerliche.

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"Man muß die Gedanken eben zu ihrem radikalen Ende denken."
Muss man?
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"Sie tun es vielleicht unbeabsichtigt und unbewußt,..."
Ich beschäftige mich mit diesem rein deutschen E/U-Problem seit etwa 40 Jahren. Unbewusst würde ich deshalb mein Interesse nicht nennen und unbeabsichtigt erst recht nicht.
Vor 32 Jahren hab ich einige Schulze-Titel bei der GEMA mittels langem Brief und mit Nennung von Musikbeispielen von "Unterhaltungs- und Tanzmusik" (kurz "U") in's seriöse Fach bringen können (kurz: "E"). Da sind sie noch heute, was für die jährliche Wertung der GEMA (auch so ein ulkiger Vorgang) von finanziellem Vorteil für Urheber und Verlag ist. Das Dumme ist nur: es waren nicht die Titel, die dann kurz darauf - und bis heute - in meinem Verlag erschienen. Tja, man wird dumm geboren und lernt nur langsam dazu. Wenn man's denn will und sich Mühe gibt. Aber das ist ein ganz anderes Thema...

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Natürlich war die bildungsbürgerliche Unterscheidung von U und E nichts weiter als ein Herrschaftsinstrument, funktioniert aber schon seit einiger Zeit nicht mehr. Aber nun den Spiess umzudrehen, das ist kleinlich. Das unbewusst bezog sich auf das implizite Argumentieren mit ökonomistischem Maßstab. Denn ich glaube nicht, dass Sie das tun wollen. Aber Sie gießen mit Ihrer Argumentation Wasser auf die Mühlen jener, denen jeder subventionierte Platz im Konzertsaal als das Grauen schlechthin erscheint. Man kann Musikstil A einfach grauenhaft und B hermetisch und unzugänglich finden, man kann die Kulturindustrie und ihre mafiösen Netzwerke der ewigen Verdammnis anheim geben. Doch verläuft die Grenze für mich dort, wo die Ideologie des Steuerzahlerbürgers Anschlußmöglichkeiten sieht.

Ich will subventionierte zeitgenössische Kunst! Selbst wenn ich sie scheiße finde, was nicht selten vorkommt. Die selbstgerechten Restbestände (es sind nicht mehr viele) des staatstragenden Bildungsbürgertums muß man ertragen können -- die Deutungshoheit haben sie längst verloren, zumindest dort, wo ich mich auskenne.

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Stockhausen
Ich finde Stockhausen großartig, habe praktisch alle Tonträger und Bücher von ihm. Ich spiele seine Musik auch gelegentlich selber, so weit es mir möglich ist. Z.B. habe ich Ende 2008 in Sankt Petersburg die russische Erstaufführung seines letzten Klavierwerks "Natürliche Dauern" gespielt.
Also nichts gegen Klaus Schulze - höre ich gerne, sonst wäre ich ja nicht hier und hätte auch nicht alle seine LPs und ginge in seine Konzerte. Aber Stockhausen ist ein anderes Kaliber, ein anderes Niveau. Das muss man ehrlich zugeben.
Natürlich braucht es dazu gewisse musikalische Vorkenntnisse, um dies erkennen zu können oder gar eine Partitur von Stockhausen halbwegs zu analysieren. Es hat aber nichts mit persönlichem Geschmack zu tun, viele Leute, die von Musik nicht viel Ahnung haben, verwechseln das immer und meinen, eine Aussage wie "gefällt mir/gefällt mir nicht" hätte irgendeinen qualitativen Wert. Sie sagt aber nur etwas über den Hörer aus, nichts über die Qualität der Musik an sich.

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Markus, ich mag Deinen Standpunkt.
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