Mittwoch, 26. Oktober 2011

Der aktuelle Superlativ

Franz Hessel bemerkte in seinem "Spazieren in Berlin" bereits im Jahr 1929, dass es bestimmte Modeworte gibt, um etwas zu bezeichnen, das einem gefällt. Vor 82 Jahren war das (er schreibt über den "Wintergarten"): "Es war ›kolossal‹, was hier geboten wurde. Und heute ist es, dem aktuellen Superlativ entsprechend, ›zauberhaft‹."
Heute und bereits seit einigen Jahren ist's leider immer nur ein langweiliges ›spannend‹, das fantasielose Feuilletonfuzzis & Radioansager permanent benutzen.

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Freitag, 21. Oktober 2011

Da stelle wa uns ma janz dumm: Wat is een Musikverlach?

Ab und zu klär' ich ahnungsfreie Journalisten auf. Hier ein schon älteres Beispiel, nur eins von vielen, leider allzuvielen ...

"Der Musikverlag EMI, Nachfolger der Gramophone Company, will alle Arien im März kommenden Jahres als CDs auf den Markt bringen. ..." schreibt jemand am 21. Dezember unter der Überschrift: "100 Jahre alte Opern-Schallplatten gefunden."

Dazu: Eine Plattenfirma ist kein Musik-"verlag". In der Musikbranche ist das nämlich etwas anders als im Papiervollschreibgewerbe. Ein Musikverlag ist der Treuhänder, Verwalter und Verwerter von KOMPOSITIONEN. Ihr ursprüngliches Geschäft war die Herstellung und der Verkauf der gedruckten Noten und Texte.
Was im Artikel gemeint ist, ist die Firma, die die Rechte an den Aufnahmen hat und die mit diesen Aufnahmen Schallplatten, CDs produziert und verkauft, vulgo: eine Plattenfirma. Und Sie wird ja auch genannt: die "EMI" und zuvor die "Gramophone Company". Ein kleines Beispiel:
Die Rechte an der Musik (= an den Songs, also an den Kompositionen & Texten) der Beatles haben, sagen wir mal: die Herren Lennon und McCartney und ihr Verleger, sagen wir mal der heißt "Northern Songs Ltd"; und diese Firma gehört zur Zeit, sagen wir mal: dem Clan von Michael Jackson.
Die Rechte an den Aufnahmen der Beatles haben die Interpreten und Produzenten der jeweiligen Aufnahme, die sie z.B. an die EMI übertragen, damit diese damit resp. davon CDs herstellen und verkaufen kann. Und die EMI zahlt von den Verkaufseinnahmen dann Lizenzen an die Interpreten, also "The Beatles", und zusätzlich auch (ein wenig) Geld an die Urheber/Verleger (in Deutschland via GEMA) für die Nutzung der Kompositionen; für eine Fremdkomposition wie "Roll Over Beethoven" gehen diese Urheber-Abgabe natürlich an, in diesem Fall: Chuck Berry. ...
Der Verlag ist im BEATLES-Beispiel also der Michael Jackson Clan, die Plattenfirma ist die EMI (...und das Label ist EMIs "Parlophone", aber ich will mit diesem offensichtlich schwierigen Metier nicht noch weiter verwirren).
Die im Artikel erwähnten Arien sind urheberrechtlich "frei", weil Komponisten wie Texter seit über 70 Jahren tot sind. Würden sie noch leben, wäre der Verlag einer Arie oder Oper zum Beispiel die "Universal Edition" oder "Schott" oder "Bote und Bock" --- all diese Verlage machen aber (in der Regel) keine Platten oder CDs, sondern - ich wiederhole: - sie verwalten die Rechte an den Kompositionen. ... Die runden schwarzen oder silbrigen Scheiben, auf denen diese Arien dann drauf sind, die presst und verkauft die EMI, Sony, Warner, oder wie sie zur Zeit alle heißen. Früher waren's die Columbia, Decca, Capitol, RCA, oder eben auch (anno dunnemals) Emil Berliners "Gramophone Company" ...
Artikel in "bürgerlichen" Medien wie SZ, ZEIT, Tagesspiegel, FAZ, taz... erscheinen besonders drollig, wenn die ach so pösen pösen großen Plattenfirmen angepinkeln werden sollen ...und der Seitenvollschreiber dabei die elementarsten Begriffe velwechsert.

(Reprint aus 'nem älteren "The KS Circle")

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PS von heute: Manche Schreiber und Radiomoderatoren haben's inzwischen begriffen, was mein Herz in jedem einzelnen Fall natürlich erfreut. ... Leider sind's nur manche.
Ganz übel sind die, die naiv vom "ehrlichen Gitarrenrock" schwärmen, um damit alles andere, also das, was ihnen nicht so gefällt, niederzumachen. Aber das ist jetzt 'ne andere Abteilung...

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Mittwoch, 19. Oktober 2011

Die ehemals recht reaktionäre FAZ wird immer lesbarer und das nicht zuletzt wegen Frank Schirrmachers klarer Einsichten, wie z.B. heute, wo er dem armseligen Bundesinnenminister heftig Contra gibt.
Allein für diesen Satz könnte man ihn knuddeln, den Journalisten und Herausgeber mit dem sympathischen Steppkegesicht:

"Die Grundtugend in einer Gesellschaft, in der Computer alles wissen, ist Skepsis."

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Montag, 17. Oktober 2011

Nächste Woche wäre er 82
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"Es ist immer etwas teurer, einen schlechten Geschmack zu haben." . . . (Peter Rühmkorf)

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Donnerstag, 13. Oktober 2011

Hier um die Ecke hat gerade wieder ein "kleiner" Buchladen mit großem Antiquariat aufgegeben und zugemacht. Alles ist jetzt leer und dunkel. Schade. Lohnt also der klitzekleine Umweg nicht mehr, um zu schauen, zu suchen, zu blättern und ab und zu (& gerne) mal was zu kaufen, um sich selbst zu beschenken. Ich frug mich schon geraume Zeit, wovon bezahlt der seinen Laden, die Miete, Versicherungen, eine Angestellte? Auch die Erweiterung auf "Internet-Cafe" half ihm nicht, denn hier in der bürgerlichen Gegend hat man entweder einen Anschluss zu Hause, oder Internet interessiert gar nicht. Es gibt hier auch keine Touristen, keine Laufkundschaft.

Buchmesse: Schön zu hören, wie manch' Leute vom Fach zwar über das eBook jubeln, man aber auch zugibt: gerade mal 1 (ein) Prozent Marktanteil; und auch das ist wohl schon optimistisch schöngerechnet. Man setzt allerdings "Hoffnung" auf die junge Generation, die "mit diesen elektronischen Geräten aufwächst" ...sagen Verleger, denen solch altmodisches Tun wie Drucken, Liefern & Lagern wohl ein Dorn im Auge ist.

Habe vor zwei Wochen Joseph Roth für mich entdeckt. Seine Bücher und zwei, drei Biografien stehen nun neben meinem Bett und ich lese mehr als dass ich schlafe. Roth hatte auch was gegen seine moderne, schnelle Zeit.
Ein kleiner Tipp: Das dicke, schwere Roth-Softcover von "2001" (1179 Seiten) ist zwar sehr preiswert, aber man kann's nur schwer im Bett lesen. Der weiche große Ziegel ist dafür zu unhandlich. Schlimmer: es ist viel zu eng & klein gesetzt, resp. gedruckt.
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Buchmesse, Zugabe: In den Radio-Kultur-Nachrichten wird gerade (es ist 07:30) ein großer deutscher Buchhändler zitiert: "Es sollten mehr Schreibwaren und Spielzeug in den Regalen stehen", anstatt Bücher. Sagt er. Allen Ernstes. Wieso ist der Mann Buchhändler?

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