Montag, 17. Februar 2014
Eine seltsame Verarmung der Musikkultur scheint mir, wenn die Musik (im doppelten Wortsinn:) billiger ist als das Porto, um sie zu bekommen.
. . . Bei einem Versender gibt's zum Beispiel das Lebenswerk des in den 30er und 40er Jahren berühmten Orchesterleiters ARTIE SHAW ("Begin the Beguine") auf einer (mp3-) CD für 2,99 Euros (ja: unter drei Euros für 193 Titel). Das Porto dafür ist teurer: 3,90.
. . . Und es gibt ähnliche Angebote: 167 Titel von Teddy Wilson (DER Musiker bei Billie Holidays klassischen Aufnahmen!), ...von Erroll Garner, ... knapp 200 Titel aus der Boogie Woogie-Zeit (richtig gute, klassische Aufnahmen), etc. Und alles jeweils für 2,99! Falls jemand einwendet ach, es ist ja "nur" mp3: angeboten werden auch 10 (zehn) "richtige" CD-Alben von Artie Shaw, für gerade mal 15,99 (für alle zehn zusammen).
. . . "Verarmung" sag' ich bewusst, weil ich weiß, was passiert: Man kauft sich das, weil's SO BILLIG ist, stellt es sich ins Regal und damit hat sich's dann. Man könnte es ja jederzeit hören. Macht man aber nicht. . . . Langsam versteh' ich die Vinyl-Freaks.
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Und die Schelllack-Platten-Sammler mochte ich sowieso schon immer.
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Selbst wenn wir den ganzen schnell zusammengerührten Klangquark aus den Popcharts der letzten 25 Jahre mal ausblenden, wer soll das alles hören in seiner endlichen Lebenszeit? Von jedem halbwegs bekannten Klassik-Stück gibt es zig Einspielungen, aber ob ein Barenboim da mit seinem Stockgefuchtel so viel anderes rauzuholen vermag als ehedem ein Karajan, darüber mögen die Kritikerpäpste streiten.
Vielleicht zahlen die Leute in nicht allzu ferner Zukunft lieber Geld für Stille.
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Diese Titel gab's früher alle(!) auf Schallplatten, erst als 78er, dann auf LPs und dann auf diversen LP-Re-releases (ich hatte all das ja mal - natürlich auch den kompletten Artie Shaw - in einer Riesen-Sammlung).
Das Angebot war also nicht "kleiner" ...nur "irgendwie anders": Man bezahlte zwanzig Mark für 12 bis 18 Titel auf einer (oft lange gesuchten) LP, ...kurz gesagt, die Musik hatte einen (auch am Portemonnaie bemerkbaren) größeren Wert.
Geld für Stille: die Idee hat was. Man (also: ich) gibt ja heute schon etwas mehr Trinkgeld, wenn die Bedienung im Restaurant (oder im Taxi, oder im Billard-Saloon...) die meist schreckliche Musik leiser oder gar AUS stellt.
Hoffentlich bekommen die Konzerne diese Idee nicht auch noch mit, wie beim Wasser.
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Und wenn Sie die Leute freundlich bitten, das Geplärre leiser zu drehen oder auszustellen, kriegen Sie bestimmt oft genug zu hören: "Och, das hör ich schon gar nicht mehr." Das alles ist in der Summe nicht gerade dazu angetan, das Bewusstsein für die Wertigkeit von Musik zu schärfen.
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Und danach kann jeder das Zeug für kleines Geld veröffentlichen.
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Das wär' ja in Ordnung, wenn's anschließend leiser wird. Was zum Glück noch häufig der Fall ist.
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"dass insgesamt eine sehr viel kleinere Auswahl an potenziell erwerbbaren Titeln auf dem Markt war."
Die war nicht "kleiner", die Auswahl, die war sogar größer. All die oben erwähnten heutigen Billig-Angebote sind doch Aufnahmen, die es früher alle auf dem Markt gab, und damals gab's sogar noch viel (viel!) mehr. Heute gibt's vieles davon nicht mehr, weil's nicht lohnt; wer kennt denn noch (außer mir :-) all die weniger bekannten Namen aus den 20er bis 50er Jahren?
Als Hörer hatte man natürlich nie das Geld (und in D von '39-'45 nicht die Möglichkeit), all das auch nur zum Teil zu erwerben, ja, da ist das mit der "kleinen Auswahl" richtig - aber "potentiell" gegeben hat es reichlich. Auch am Rhein: http://bit.ly/NZmLTk
PS: ich glaube, wir meinen beide was verschiedenes. Ich rede NUR von den vielen(!) verschiedenen Aufnahmen, damals, und deren partieller Re-release heute . . .
. . . Sie meinen sicher die Masse der heutigen Musik - die mich in dem Zusammenhang nicht interessiert - vor allem natürlich die Milliarden-Umsätze im Popbereich und die heutigen Auflagen einzelner Platten/Künstler. Zugegeben: damals waren's nur Millionen. Aber immerhin: Glenn Millers Erste Goldene war noch 'ne Sensation, vor über 7 Jahrzehnten - und damals war's noch mindestens eine Million verkaufter Platten; heute - (smiley) - reicht die Hälfte.
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Diese "Master Rights" sind in verschiedenen Ländern verschieden lang (und das wird auch ab und zu verändert), über den Daumen sind's zwischen 50 bis 60 Jahre nach der Erstveröffentlichung.
Wenn also die originalen Veröffentlichungs-Daten vor den Sixties waren, dann kann jeder ... jedenfalls jeder, der nicht nur Ahnung von den Gesetzen hat sondern auch von der Musik was versteht.
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Gut, so gesehen werden Sie natürlich recht haben (zumal es gewissermaßen Ihr Business ist, in dem ich mich eher nicht so sehr auskenne). Aber dass der große Trend auch für das Teilsegment nicht ohne Folgen bleibt, liegt für mich auf der Hand. Und wie jeder Megatrend irgendwann auch seinen Gegentrend gebiert, werden dann halt irgendwann auch haptisch schöne Schallplatten mit liebevoll gemachten Covern wieder mehr wertgeschätzt - zumindest von einer Minderheit.
Auf der anderen Seite verliert der materielle Besitz des Tonträgers an Bedeutung, und auch wenn das zu dem Zeitpunkt der Einführung der CD noch nicht so recht absehbar war, dürfte die Digitalisierung eine ganz entscheidende Weichenstellung auf diesem Weg gewesen sein, mehr noch als die Loslösung des Soundfiles von einem festen Datenträger.
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