Sonntag, 13. Januar 2019

Aus dem "The KS Circle" # 250 ... (Nostalgic recollection, pt. 7)
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Das Wunder der wiedergeborenen Unbefangenheit

Klaus Schulze erwähnte früher manchmal Heinrich von Kleist (1777-1811), vor allem dessen Aufsatz "Über das Marionettentheater" hatte ihn berührt. Und dann ist da der lange erste Titel auf dem "X"-Album, "Heinrich von Kleist"...

Es geht in dieser Kleist'schen Publikation um Kennerschaft, um künstlerische Sachkenntnis. Es gilt ja allgemein der Satz und das Bewusstsein, dass große Kennerschaft quasi zwangsläufig einen größeren Gewinn an Genuss bedeutet ...und eigentlich NUR durch große Kennerschaft ein 'echter' Genuss erfolgen kann.

Auf der anderen Seite allerdings, da kann Kennerschaft durchaus auch die Unschuld im Genuss (und damit den Genuss) zerstören: ein 'Werk' wird differenziert, tranchiert, eingeteilt, analysiert, demontiert, zerpflückt, und der 'Kenner' wird dann schnell zum unsympathischen Beckmesser, Querulant, Nörgelfritze, Pedant, Besserwisser.

Denn, wie Kleist es im "Marionettentheater" aufgezeigt hat, nur der absolute Kenner, der mit der Tiefe seiner Kennerschaft auch eine Weisheit gewonnen hat, die ihm die Ursprünglichkeit der ersten Anfänge wiederschenkt, nur der kann wissen und genießen, ohne dass eins das andere stört oder gar zerstört. Kleist fragt: "...müssten wir wieder von dem Baum der Erkenntnis essen, um in den Stand der Unschuld zurückzufallen?" ...und er gibt auch die Antwort: "Allerdings; das ist das letzte Kapitel von der Geschichte der Welt." Nun ja...

Aber zur stillen Größe eines solchen Weltweisen bringen es die wenigsten von uns.

PS: In der Vergangenheit haben Julia und ich bei unseren Spaziergängen zweimal das Grab von Kleist (& Henriette Vogel) am kleinen Wannsee besucht. Inzwischen (2011) wurde dieser stille Platz aus seinem verträumten Dämmerschlaf inmitten verwilderter Natur geweckt und für touristische Besucher 'modernisiert'. Ja, mei...